Den inneren Druck verringern…

Der Begriff Ader­lass steht in die­sem Bei­trag pau­schal für jede Form der Blut­ent­nah­me, auch wenn es dafür durch­aus ver­schie­de­ne Grün­de, For­men und Vor­ge­hens­wei­sen gibt. 

Die Geschich­te des Ader­las­ses reicht ver­mut­lich sehr weit über 2000 Jah­re in der Geschich­te zurück. Da auch das bis zu 5000 Jah­re alte indi­sche Ayur­ve­da im Bereich der „Fünf Hand­lun­gen” (Pan­chak­ar­ma) den Ader­lass auf­zählt, dürf­te sein the­ra­peu­ti­scher Ein­satz schon deut­lich älter sein.

In der euro­päi­schen Heil­kun­de zählt der Ader­lass als The­ra­pie der Säf­te­leh­re, auch bekant als Humo­ral­pa­tho­lo­gie, zu den ältes­ten bekann­ten Ablei­tungs­ver­fah­ren in der Heil­kun­de. Vie­le der gro­ßen alten Medi­zi­ner prie­sen die schein­bar uni­ver­sel­len Ein­satz­mög­lich­kei­ten die­ser Therapie.

Da man aller­spä­tes­tens seit Hip­po­kra­tes und Poly­bos (ca 450 v. Chr.) im Gedan­ken der Säf­te­leh­re behan­del­te und die krank­ma­chen­den „schlech­ten Säf­te” aus dem Kör­per lei­ten woll­te, war die­se Maß­nah­me war nach heu­ti­ger Ein­stu­fung so etwas wie der „Gold­stan­dard” der dama­li­gen Medi­zin – wenn auch nicht immer mit dem gewünsch­ten Erfolg. Frü­her wur­den Pati­en­ten nicht sel­ten auch „ein­fach mal vor­sichts­hal­ber” oder „weil man es so macht” zur Ader gelas­sen, ohne dass der Behan­deln­de über­haupt gewusst hät­te, was dem Pati­en­ten tat­säch­lich fehlte.

Auf­grund die­ser fahr­läs­si­gen Anwen­dung, aber auch wegen der schlicht nicht vor­han­de­nen Hygie­ne­vor­ga­ben, kam es nicht sel­ten zu Todes­fäl­len. Der Tod ereil­te den Pati­en­ten dann ent­we­der auf direk­tem Weg durch zu hohen Blut­ver­lust oder auf­grund zuneh­men­der Schwä­chung, bei­spiels­wei­se durch Fol­ge­schä­den wie Man­gel­ver­sor­gung, Anämie, Dehy­dra­ti­on oder Wundbrand. 

Bis Mit­te des 19. Jahr­hun­derts hat­te sich die Hal­tung der aka­de­mi­schen Medi­zi­ner gegen­über dem übli­chen Ader­lass auch auf­grund der Ein­füh­rung der Zel­lu­lar­pa­tho­lo­gie durch Robert Remak und Rudolf Virch­ow der­ar­tig ins Gegen­teil gewan­delt, dass die The­ra­pie als anti­quiert und über­holt galt und in der Fol­ge fast völ­lig verschwand.

Erhal­ten hat sich der fach­lich kor­rek­te Ader­lass aber unter Berück­sich­ti­gung moder­ner Erkennt­nis­se, bei­spiels­wei­se bei der Eisen­spei­cher­krank­heit (Her­edi­tä­re Hämochro­ma­to­se), der Poly­zythä­mie, der Poly­glo­bu­lie und ande­ren Erkrankungen.

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Anwendung

Die Blut­ent­nah­me soll zuerst einen Druck­ab­bau in den Gefä­ßen, z.B. bei Blut­hoch­druck, bewir­ken. Sie soll das Blut durch Ver­rin­ge­rung sei­ner fes­ten Antei­le ver­dün­nen – die flüs­si­gen Antei­le wer­den schon nach kur­zer Zeit durch nach­strö­men­des Gewebs­was­ser ergänzt – und nicht zuletzt auch die Selbst­hei­lungs­kräf­te des Kör­pers aktiveren.

Frü­her eröff­ne­te man zu die­sem Zweck ein­fach die bevor­zug­te oder je nach Lehr­mei­nung indi­zier­te (zur Krank­heit pas­sen­de) Vene per Phle­bo­to­mie („Venen­schnitt” oder Venae­sec­tio) mit einen spe­zi­el­len Mes­ser und ließ dann das Blut in Scha­len ablau­fen. Neben der Arm­ve­ne gab es, eben­falls abhän­gig von der jewei­li­gen Krank­heit, noch 24 wei­te­re emp­foh­le­ne Ableitungsstellen.

Heu­te wird nach hygie­ni­scher Vor­be­rei­tung eine intra­ve­nö­se Nadel gesetzt und das Blut wird über eine pas­sen­de Ver­län­ge­rungs­lei­tung bei­spiels­wei­se in eine Vaku­um­fla­sche oder eine ent­spre­chend gro­ße Sprit­ze gezo­gen, per Schwer­kraft in einen geschlos­se­nen Sam­mel­beu­tel gelei­tet oder eben­so ohne Zug in ein offe­nes Gefäß abgeführt.

Die zug­freie Aus­lei­tung, bei der der Kör­per selbst die Abfluss­men­ge und ‑geschwin­dig­keit im Bereich zwi­schen 40 ml bis max. 200 ml regu­liert, ist auch eine cha­rak­te­ris­ti­sche Vor­ge­hens­wei­se beim so genann­ten Hil­de­gard-Ader­lass.  Eigent­lich been­det man nach Hil­de­gard nach dem Farb­um­schlag des Blu­tes vom dunk­len ins hel­le­re Rot, doch spä­tes­tens bei die­ser Men­ge wird heu­te auch hier die Aus­lei­tung beendet.

Bemer­kens­wert ist, dass es wohl schon in der Anti­ke Ader­läs­se auch an Arte­ri­en gab. Etwas spä­ter, im 2. Jhrdt. n. Chr. emp­fahl Galen in Schrift­form einen sol­chen arte­ri­el­len Ader­lass bei chro­ni­schen Kopf­schmer­zen. Da die arte­ri­el­le Aus­lei­tung, oder bes­ser deren kon­trol­lier­te Been­di­gung, aber nicht zuletzt höchst ris­kant ist, hat sie sich (Anm. d. Red.: unse­res Wis­sens nach bis heu­te) nicht erhalten.

Neben den blu­ti­gen Ader­läs­sen, gibt es auch den so genann­ten „unblu­ti­gen Ader­lass”. Bei die­sem wer­den in je 5 minü­ti­gem Rhyth­mus je drei der vier Extre­mi­tä­ten (also der Arme und Bei­ne) zeit­lich begrenzt per Stau­man­schet­ten so abge­drückt, dass zwar zum Schutz des Gewe­be noch immer arte­ri­el­les (sau­er­stoff­rei­ches) Blut in die Extre­mi­tät ein­strö­men kann, aber kei­ne venö­se Rück­füh­rung erfolgt. Auf die­se Wei­se wird das Blut­vo­lu­men jeder Extre­mi­tät maxi­mal 15 Minu­ten aus dem venö­sen, also zum Herz zurück­strö­men­den Blut­kreis­lauf genom­men. Auf die­se Wei­se wird das Herz, bzw. der Lun­gen­kreis­lauf bei Linksherzinsuffizienz/Lungenödem entlastet.

Auf­grund der güns­ti­gen Lage und Beschaf­fen­heit wer­den zur Blut­ent­nah­me bevor­zugt die Venen der Ell­bo­gen­beu­ge genutzt. Hier ent­nimmt (mit Zug) oder ent­lässt (ohne Zug) der Behand­ler je nach Ideo­lo­gie und The­ra­pie­ziel eine ent­spre­chen­de Men­ge Blut.

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Menge

Aus­ge­hend von den Infos des DRK (‘das Deut­sche Rote Kreuz’) wer­den bei einer regu­lä­ren Blut­spen­de maxi­mal 500 ml abge­nom­men. 

Zur Häu­fig­keit fin­det man auf der DRK-Infor­ma­ti­ons­sei­te fol­gen­des: 
Frau­en kön­nen maxi­mal vier­mal, Män­ner höchs­tens sechs­mal inner­halb von zwölf Mona­ten Blut spen­den. Zwi­schen zwei Blut­spen­den muss ein Min­dest­ab­stand von acht Wochen (Tag der Blut­spen­de plus 55 Tage) lie­gen”.

Ent­spre­chend die­sen Vor­ga­ben, kann eine regu­lä­re Blut­spen­de, die ja eben­falls einem Ader­lass ent­spricht, also min­des­tens vier Mal im Jahr durch­ge­führt wer­den. Und das kos­ten­los, ver­bun­den mit dem guten Gefühl nicht nur etwas sinn­vol­les für sich son­dern auch für ande­re getan zu haben!

Die ver­brei­te­te Annah­me, dass eine häu­fi­ge­re Abnah­me oder sol­che mit höhe­ren Men­gen als 500 ml den Kör­per gefähr­lich schwä­chen wür­den, ist so pau­schal nicht zutref­fend. 
Ob ein belie­bi­ger Mensch ab einer Men­ge X an Blut­ver­lust bereits drin­gend Aus­gleich bspw. in Form von Salz­lö­sung benö­tigt, ist abhän­gig von ver­schie­de­nen Fak­to­ren. Unter ande­rem vom aktu­ell vor­lie­gen­den all­ge­mei­nen Gesund­heits­zu­stand, den Kreis­lauf­wer­ten, den diver­sen Organ­zu­stän­den, der Umge­bungs­tem­pe­ra­tur u.a.m.

Wäre dem immer so, dürf­ten Men­schen bei­spiels­wei­se mit Hämochro­ma­to­se (Eisen­spei­cher­krank­heit) aus­ge­hend von der hohen Abnah­me­fre­quenz und der dabei jeweils ent­las­se­nen Men­gen von bis zu 500 ml, längst nicht mehr am Leben sein.
Gene­rell sind aber bei häu­fi­ge­ren Abnah­men regel­mä­ßi­ge labor­dia­gnos­ti­sche Blut­un­ter­su­chun­gen unerlässlich.

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Indikation

Der natur­heil­kund­li­che Ader­lass eig­net sich vor allem für soge­nann­te „ple­to­ri­sche Men­schen” (Ple­tho­ra san­gui­nea = „Voll­blü­ter”). 

Die­se Per­so­nen­grup­pe neigt zu Stau­un­gen in den inne­ren Organen, 

Blu­tun­gen aus der Nase, im Mast­darm und im Ute­rus und weist oft­mals fol­gen­de Merk­ma­le auf: blau­ro­te Ohren, gerö­te­te Nasen, prall gefüll­te Bein­ve­nen, Hämor­rhoi­den, rote oder dun­kel­blaue Ver­fär­bun­gen der Haut, Hit­ze­ge­fühl, usw.

Natur­heil­kund­lich kann ein fach­lich kor­rek­ter und ange­mes­se­ner Ader­lass bei­spiels­wei­se in fol­gen­den Situa­tio­nen einen posi­ti­ven Effekt ausüben:

  • Asth­ma
  • Arthri­tis
  • Blut­hoch­druck
  • Gelenk­ent­zün­dun­gen
  • Gefäss- und Nervenkrämpfe
  • Gicht
  • hemmt Ent­zün­dun­gen
  • Hor­mon­re­gu­la­ti­ons­stö­run­gen
  • Krampf­adern
  • als Pro­phy­la­xe zum dro­hen­dem Herz­in­farkt 
  • Pfort­ader­stau
  • Regel­stö­run­gen
  • Rheu­ma
  • Schlag­an­fall
  • zur Stoff­wech­sel­ent­gif­tung u.a.m.

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Beachten

Maß­nah­men wie die­se, soll­ten nie­mals in Form einer Selbst­be­hand­lung durch­ge­führt wer­den. Grund­sätz­lich soll­ten Sie nicht unge­fähr­li­che, inva­si­ve Maß­nah­men wie die­se nur von einem erfah­re­nen Arzt oder Heil­prak­ti­ker durch­füh­ren las­sen.
Spre­chen Sie zuvor mit Ihrem Behand­ler über die Art und Wei­se sowie über mög­li­che Nebenwirkungen!

Es kommt vor, dass Pati­en­ten für zwei bis drei Tage unter einer merk­li­chen Licht­emp­find­lich­keit der Augen lei­den. Com­pu­ter, Fern­se­hen und direk­te Son­nen­strah­len soll­ten dann ver­mie­den werden.

Außer­dem wird emp­foh­len eine zwei­tä­gi­ge „Aderlass”-Diät ein­zu­hal­ten. Bei die­ser Diät soll­te auf gebra­te­nes Fleisch, pikan­te Spei­sen, rohes Obst und Gemü­se, star­ken Wein, Kaf­fee, Niko­tin und Spi­ri­tuo­sen sowie fett­hal­ti­gen Käse ver­zich­tet werden.

Erlaubt bei die­ser Diät sind: alle Getrei­de­pro­duk­te, Bröt­chen, Teig­wa­ren, altes Hefe­ge­bäck, Hafer­flo­cken, dün­ner Schwarz­tee, gekoch­tes Fleisch oder Fisch, gekoch­tes Gemü­se (außer Lauch), grü­ner Salat mit Essig-Öl-Dres­sing, dün­ner oder gelösch­ter Wein.

Gegenanzeigen

Ein natur­heil­kund­li­cher Ader­lass soll­te NICHT durch­ge­führt wer­den bei:

  • aku­ten, ent­zünd­li­chen, fie­ber­haf­ten Erkrankungen
  • Schwan­ger­schaft
  • Blut­ar­mut (Anämie)
  • bereits geschwäch­ten Menschen
  • Kin­dern und sehr alten Menschen