Kurzeinführung in umweltbedingte Erkrankungen und deren Verlauf
2000 von: Hanns Alexander von Rolbeck, Arzt
Anm. d. Red.; Text aktualisiert und ergänzt 8.4.2019
Vorwort:
Für den interessierten Laien aber auch für manchen Mediziner ist es vielleicht erstaunlich, dass es den Fachbereich Umweltmedizin als solchen bis Anfang der 1990 Jahre so nicht gab. Er entstand aus der Notwendigkeit, dass immer mehr Krankheiten und Symptome seit Ende des 2. Weltkrieges auftraten, die mit den üblichen Methoden der Anamnese (Befragung zur Krankheitsgeschichte) und den normalen Untersuchungsverfahren, soweit diese in der Alltagspraxis eingesetzt wurden, nicht abgeklärt werden konnten.
Im Laufe weniger Jahre entwickelte sich aus den Fachbereichen Toxikologie (Lehre von den Giften und deren Auswirkung auf den Menschen), der Epidemiologie (Lehre der Entstehung, Verteilung und Verbreitung von Krankheiten), der Hygiene (Lehre von der Gesundheitserhaltung des Menschen), der Präventivmedizin (Vorsorgemedizin), aus verschiedenen Teilgebieten der Inneren Medizin und anderer Fachrichtungen wie z.B. der Physik (z.B. zur Messung der elektromagnetischen Felder) diese Umweltmedizin.
Seit 1992 ist diese neue Fachrichtung als Zusatzausbildung für Mediziner vom Deutschen Ärztetag anerkannt.
Hauptpfeiler der Umweltmedizin:
- Anamnese (Befundaufnahme, Vorgeschichte u.ä)
- Klinische Untersuchungen (HNO, Innere, Haut, Röntgen etc.)
- Laboruntersuchungen (z.B.: PCP, PCB, Lindan, Xylol, Arsen, Blei, Cadmium, etc.) Arbeitsplatz- bzw. Hausuntersuchungen (Wo sind Lösungsmittel und Giftstoffe verwendet, Hochspannungsleitungen etc.)
- Beratungen über die störenden Stoffe bzw. Einflüsse auf den Patienten
- Prävention (vorbeugende Maßnahmen zur Vermeiden von neuerlichen Belastungen)
- Entfernung oder Behandlung der gefundenen Belastungsfaktoren
- Rehabilitation oder Umschulungen des Patienten
- Zuführen von fehlenden Schutzfaktoren (Zink, Selen etc.)
Zeitfaktor der Giftwirkung:
In der Umweltmedizin besteht das große Problem, dass ein Patient mit Symptomen und Krankheitszeichen zum Arzt kommt, deren auslösende Ursachen und Faktoren viele Jahre zurückliegen können. Häufig sind die auslösenden Faktoren und Giftstoffe nicht mehr nachweisbar. Vielleicht hat er zwischenzeitlich die Firma oder den Arbeitsplatz, seine Wohnung oder das Haus gewechselt.
Die Krankheitserscheinungen erscheinen oft nur sehr gering zu sein, eher einer Unpässlichkeit gleichend als einer Krankheit. Viele Symptome sind schon durch andere Vorerkrankungen (z.B.: Grippe, Bronchitis etc.) bekannt und werden deshalb vom Patienten und vom Arzt nicht als eine ernsthafte Umwelterkrankung erkannt. Viele Giftstoffe sind innerhalb der ersten 15–20 Jahre noch nachzuweisen, danach sind sie in der Umgebung verschwunden, verdunstet oder durch Benutzung und Abrieb entfernt worden.
Die späteren Organschäden entstehen innerhalb der ersten Jahre oft nur sehr langsam
Anfangs sind mehr oder weniger intensive Krankheitszeichen zu bemerken, wie z.B.: leichte Hautausschläge, Kopfschmerzen, immer wieder auftretende Atemwegsreizungen, Schnupfen oder manchmal Haarausfall. Nachdem ein Patient mit diesen Giften in Kontakt kommt, vergeht also eine lange Zeit, während dieser man sich trösten kann, alles halb so schlimm sei. Dadurch vergeht wertvolle Zeit ungenutzt.
Eine Belastung durch Umweltgifte wird nicht in Betracht gezogen, der Arzt denkt auch nicht an solch eine Möglichkeit und erst nach 10 bis 20 Jahren wird der zunehmende Organschaden so unübersehbar, dass eventuell auch an eine Umweltgiftursache gedacht wird. Innerhalb der ersten knapp 2 Jahrzehnte kann man oft doch noch einen direkten Zusammenhang zwischen der Giftbelastung und den Symptomen sowie dem Organschaden herstellen. Das Gift ist noch messbar, der Organschaden ist schon feststellbar.
Giftstoffverstärkungen:
Nun gibt es noch einen weiteren Zusammenhang, der von hoher Bedeutung ist: alle Giftstoffe können sich gegenseitig verstärken. So ist beispielsweise bei Vorhandensein von Dioxin und Formaldehyd, diese Stoffe sind praktisch in jedem von uns messbar, eine massive gegenseitige Verstärkung nachweisbar.
Tritt außerdem ein toxisch wirkendes Metall wie Arsen oder Cadmium hinzu, dann kann diese gegenseitige Verstärkung so groß sein, dass richtigerweise die üblichen Grenzwerte für diese Stoffe keine ernsthafte Gültigkeit mehr haben. Wird jeder Stoff aber einzeln bewertet, dann ist die Belastung oft angeblich gar nicht so schlimm – aber die gegenseitige Verstärkung, die Potenzierung ist das Problem.
Der Untersuchende muss also das Gespür eine Detektivs haben, um die wahrscheinlichen Giftstoffe zu erkennen und diese dann messen lassen. Der Nachweis von verschiedenen Giftstoffen alleine und deren mögliche gegenseitige Verstärkung ist kaum noch eindeutig beweisbar – aber trotzdem vorhanden.
Schutzfaktoren:
Die Natur hat es ermöglicht, dass wir und gegen einige Giftstoffe wehren können. Dazu gehören besonders giftig wirkende Metalle und Formaldehyd. Im Körper ist es möglich, zu hohe Belastungen von solchen Metallen aufzufangen und diese Metalle „unschädlich“ zu machen. Praktisch bedeutet das, dass diese Schadstoffe in verschiedenen Organen oder im Bindegewebe abgelagert werden.
Zu den Schutzfaktoren gehören die Metalle Zink und Selen, sowie Vitamine aus der B‑Reihe, wie Vitamin B3 (Niacin, Nikotinsäureamid). Mangel oder gar ein Fehlen von Zink beispielsweise kann dabei aber leider nicht durch einen höheren Selen-Spiegel im Blutserum aufgefangen werden. Diese Metalle müssen im Gleichgewicht zueinander stehen, um sinnvoll wirken zu können!
In den 1970’er, spätestens aber in den 1980’er Jahren gelangte nicht nur in Deutschland der sogenannte „saure Regen“ zu trauriger Bekanntheit. Er hat, neben der Verursachung weiterer Schäden an der betroffenen Pflanzenwelt, u. a. Zink im Boden wasserunlöslich gebunden. Die vorgeschädigten Pflanzen können nun auch Zink nicht mehr oder entsprechend vermindert aufnehmen und die damit gefütterten Tiere nebst dem Menschen erhalten durch die verzehrten Pflanzen folglich nicht genügend Zink … und andere früher noch im Boden enthaltene Stoffe.
Trotz anders lautender Aussagen der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung), was die allgemeine Versorgung mit Vitalstoffen angeht, haben nicht wenige Patienten eben auch umweltbedingt einen zu geringen Zinkspiegel, sowie Mängel an anderen essenziellen Stoffen. Und auch aus diesem Grund können beispielsweise schon kleine Mengen toxisch wirkender Metalle entsprechende Symptome verursachen – weil selbst körpereigene Schutzmechanismen schlicht nicht mehr funktionieren können.
Mangelversorgung und Vergiftung aufgrund industrieller Beeinflussung der Umwelt und der aus und in ihr entstehenden Produkte ist heute ein bekanntes, und bei allem Ökobewusstsein immer noch rasant zunehmendes Problem. Und das gilt global.
Zitat Aponet.de: „Chemikalien, dreckige Luft und verschmutztes Wasser töten dreimal so viele Menschen wie Aids, Tuberkulose und Malaria zusammen und 15 Mal so viele wie Kriege und andere Formen der Gewalt. Das geht aus einer aktuellen Studie hervor, die im Fachblatt „The Lancet” nachzulesen ist.”
Selbstverständlich wurden auch vor der rapid anwachsenden industriellen Ausprägung aller Lebensbereiche Menschen krank. Doch obwohl die Menschen der großen Industrienationen längst keinen Hunger mehr leiden müssen, führt die abnehmende Qualität ihrer zumeist schnell und möglichst billig produzierten Nahrung bei gleichzeitig steigender Belastung durch Zusatzstoffe in und an derselben und möglicherweise auch aufgrund der allgemein zunehmenden Strahlenbelastung zu teilweise ganz neuen Erkrankungen.
Diese möglichst rasch und umfassend zu erkennen und bestmöglich zu behandeln, ist Aufgabe der Umweltmedizin.
Hanns Alexander von Rolbeck, Arzt
geb. 1942, Uckermünde, Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie. Radiologe und Posturologe (Kopenhagen).
Studierte Medizin an den medizinischen Hochschulen Stuttgart-Hohenheim und Tübingen, seit 1979 Facharzt für Röntgendiagnostik und Röntgentherapie bei der Landesärztekammer Baden-Württemberg (Stuttgart). Forscht seit vielen Jahren an Linkshändern, um Probleme zu diagnostizieren und eigenständige Arbeit der linken Hand zu entwickeln.
Zusammen mit Professor Tapparo (München) beschäftigte er sich mit Fragen der Immuntoxikologie und konzentrierte sich auf das Phänomen der multiplen chemischen Empfindlichkeit, des chronischen Ermüdungssyndroms, der Fibromyalgie und der Entwicklung einer Behandlung für autologe Stammzellen vom CD34 + ‑Typ.
Von Rolbeck kombiniert intensive internationale Vortragstätigkeit mit praktischer klinischer Arbeit in seiner auf Radiologie spezialisierten Privatpraxis in Kopenhagen,
Dozentqualifikationen: DMD, ICCMO, IGFRT.
Siehe auch: integralmed.eu, posturologie.co, linkshandforschung.de, stammzellentherapie.co