Obwohl schon um das Jahr 1912 her­um von Merck, einem deut­schen Phar­ma­her­stel­ler, als „Methyl­sa­fryl­amin” auf den Markt gebracht, ist der inter­na­tio­na­le Wis­sens­stand über Ecsta­sy eher unbe­frie­di­gend. Über kaum eine ande­re Dro­ge herrscht noch immer so viel Unklar­heit. Die Kennt­nis­se über psy­cho­lo­gi­sche und kör­per­li­che Fol­gen bezie­hen sich fast aus­schließ­lich auf Einzelfalldokumentationen.

Ecsta­sy-Pil­len (auch MDMA, Methy­len­di­oxy­me­tham­phet­amin, C11H15NO2) sind alles ande­re als harm­lo­se Smar­ties.
Neben der hohen Sucht­ge­fahr liegt ein gro­ßes Risi­ko in den poten­zi­ell psych­ia­tri­schen, neu­ro­lo­gi­schen und inter­nis­ti­schen Fol­gen. Nicht nur das aku­te Todes­ri­si­ko durch Über­do­sie­rung und Zusam­men­brü­che bie­tet Anlass zur Besorg­nis. Wis­sen­schaft­ler war­nen heu­te vor allem vor den noch gar nicht abschätz­ba­ren Lang­zeit­schä­den, die der Ecsta­sy-Kon­sum her­vor­ru­fen kann.

An der Schalt­zen­tra­le der Gefühle

Nach Ein­nah­me einer Ecsta­sy-Pil­le wird ein Teil des Wirk­stof­fes MDMA (Methy­len­e­di­oxy­me­tham­phet­ami­ne) unver­än­dert aus­ge­schie­den. Ein ande­rer Teil gelangt ins Gehirn. Anlauf­stel­le ist dort das lim­bi­sche Sys­tem im Hip­po­cam­pus, der Steu­er­zen­tra­le für Gefüh­le und Erin­ne­run­gen. Ecsta­sy sti­mu­liert dort haupt­säch­lich jene Ner­ven­zel­len, die das Gehirn mit Sero­to­nin (eines der sog. „Glücks­hor­mo­ne”) überfluten. 

Die­ser Neu­ro­trans­mit­ter (Boten­stoff zwi­schen den Ner­ven des Gehirns) spielt die ent­schei­den­de Rol­le bei der Regu­lie­rung von Stim­mun­gen, Schlaf und Sexua­li­tät, aber auch von Gefüh­len wie Har­mo­nie und Glück. Das Sero­to­nin hat außer­dem Ein­fluss auf vie­le Funk­tio­nen des Kör­pers. So beein­flusst es bei­spiels­wei­se auch die Akti­vie­rung der Throm­bo­zy­ten (Blut­plätt­chen). Kommt es zu einer Blut­ge­rin­nungs­stö­rung, kann das schwe­re Organ­schä­den an Herz, Nie­re, Leber und Hirn verursachen.

Häu­figs­te Fol­ge des „Sero­to­nin-Syn­droms” ist jedoch die Hyper­ther­mie (Erhö­hung der Kör­per­tem­pe­ra­tur über die Nor­mal­tem­pe­ra­tur). Nach der Ein­nah­me von Ecsta­sy kann die Kör­per­tem­pe­ra­tur um bis zu sechs Grad stei­gen. Das hat nichts – wie häu­fig irr­tüm­lich ange­nom­men — mit dem erhöh­ten Bewe­gungs­drang der Ecsta­sy-Kon­su­men­ten zu tun.
Die­se Neben­wir­kung tritt auch bei kör­per­li­cher Ruhe auf. Die Hyper­ther­mie zeigt die kli­ni­sche Sym­pto­ma­tik eines Hitz­schlags. Der Kör­per kann sich bis auf 43 Grad erhit­zen. Dar­auf las­sen sich die meis­ten der heu­te fest­ge­stell­ten Todes­ur­sa­chen im Zusam­men­hang mit Ecsta­sy-Kon­sum zurückführen.

In nahe­zu allen obdu­zier­ten Fäl­len konn­ten Medi­zi­ner auch „aus­ge­dehn­te Nekro­sen” (abge­stor­be­nes Gewe­be) an der Leber fest­stel­len. Damit kommt nicht nur der Hitz­schlag als Todes­ur­sa­che infra­ge, son­dern auch ein ful­mi­nan­tes (plötz­li­ches) Leber­ver­sa­gen. Denn die Dro­ge ist manch­mal Gift für die Leber.

Autor Rai­ner Tho­ma­si­us, u.a.: „Ecsta­sy: Eine Stu­die zu gesund­heit­li­chen und psy­cho­so­zia­len Fol­gen des Miss­brauchs” und „Ecsta­sy – Wir­kun­gen, Risi­ken, Inter­ven­tio­nen”, ver­mu­tet, dass die größ­te Gefahr von der Neu­ro­to­xi­zi­tät (Gif­tig­keit für das Ner­ven­ge­we­be) von Ecsta­sy aus­ge­he. Bei hohen Dosen von MDMA, die Labor­rat­ten und Affen inji­ziert wur­den, konn­ten Wis­sen­schaft­ler irrever­si­ble (nicht umkehr­ba­re) Lang­zeit­schä­den an den Sero­to­nin pro­du­zie­ren­den Ner­ven­zel­len beob­ach­ten. Die neu­ro­na­le (Ner­ven betref­fen­de, hier Hirn­ner­ven) Schä­di­gung geht dabei weni­ger von der Rein­sub­stanz (der Sub­stanz selbst) aus, als viel­mehr von den Abbauprodukten. 

Über die tat­säch­li­che Neu­ro­to­xi­zi­tät der Dro­ge beim Men­schen lie­gen noch kei­ne gesi­cher­ten Erkennt­nis­se vor. Soll­te das mensch­li­che Gehirn ähn­li­che Reak­tio­nen wie das der Tie­re zei­gen, hät­te das gra­vie­ren­de Fol­gen auf den Ecsta­sy-Kon­su­men­ten: Mit zuneh­men­den Alter kön­nen Lern­schwä­che, kogni­ti­ve (die Wahr­neh­mung betref­fen­de) Defi­zi­te und Ver­stim­mun­gen auf­tre­ten. Eins scheint heu­te schon sicher: Ecsta­sy ist in übli­cher Dosie­rung weit­aus neu­ro­to­xi­scher als alle ande­ren bekann­ten Drogen.

Zu den häu­figs­ten bis heu­te fest­ge­stell­ten psych­ia­tri­schen Fol­ge­wir­kun­gen gehö­ren para­no­ide Psy­cho­sen (Ver­fol­gungs­wahn, zwang­haf­te Hand­lun­gen u.ä.), depres­si­ve Syn­dro­me (zu einem Krank­heits­bild gehö­ren­de Ein­zel­sym­pto­me) und Angst­stö­run­gen. Man muss hier­bei zwi­schen den aku­ten psych­ia­tri­schen Kom­pli­ka­tio­nen, die mit dem Nach­las­sen der Rausch­wir­kung ver­schwin­den, und den anhal­ten­den psych­ia­tri­schen Erkran­kun­gen unterscheiden.

 Fast jedes Ecsta­sy-Hoch­ge­fühl endet nega­tiv. Die meis­ten User (Anwen­der) berich­ten von depres­si­ven Ver­stim­mun­gen, Nie­der­ge­schla­gen­heit und einer inne­ren Lee­re am Tag danach. Jeder vier­te Nut­zer berich­tet über kör­per­li­che Beschwer­den wie Kopf­schmer­zen, Schwin­del­ge­füh­le, Kon­zen­tra­ti­ons­ver­lust, Appe­tit­lo­sig­keit, Müdig­keit, Kie­fer­sper­re und Kreis­lauf­pro­ble­me. Es tre­ten auch Into­xi­ka­ti­ons­psy­cho­sen auf, die mit Bezie­hungs- und Ver­fol­gungs­wahn oder Stim­men hören einhergehen.

In man­chen Fäl­len reicht der ein­ma­li­ge Kon­sum bereits aus, um eine anhal­ten­de Erkran­kung her­bei­zu­füh­ren. Panik­stö­run­gen, psy­cho­ge­ne (die Gesund­heit der See­le betref­fend) Schi­zo­phre­ni­en (Per­sön­lich­keits­spal­tun­gen) oder Depres­si­vi­tät kön­nen auf­tre­ten. Rai­ner Tho­ma­si­us ver­mu­tet, dass Ecsta­sy psy­chi­sche Stö­run­gen trig­gert (aus­löst). Die Prä­dis­po­si­ti­on (Vor­be­las­tung, Lebens­um­feld) des Users spielt dann aller­dings eine gro­ße Rol­le. „Der Ecsta­sy-Kon­sum kann einen kli­nisch unauf­fäl­li­gen Ver­lauf in Rich­tung einer mani­fes­ten Stö­rung aus­he­beln”, erklärt er. 

Vie­le Kon­su­men­ten ver­su­chen auch einen inner­see­li­schen Kon­flikt durch den Gebrauch von Ecsta­sy zu kom­pen­sie­ren (aus­zu­glei­chen). Oft zei­gen sich Pati­en­ten mit einer Psy­cho­se beson­ders expe­ri­men­tier­freu­dig im Umgang mit Dro­gen, sodass man im Ein­zel­fall nicht weiß, ob die Dro­ge oder die psych­ia­tri­sche Stö­rung vor­her da waren. Gera­de bei die­ser User-Grup­pe ent­wi­ckelt sich dann auch sehr viel leich­ter eine Sucht.

Wie gefähr­lich Ecsta­sy wirk­lich ist, wird sich erst in ein paar Jah­ren zuver­läs­sig abschät­zen las­sen. Tho­ma­si­us hofft, mit sei­nem Buch das öffent­li­che Bewusst­sein für poten­zi­el­le Lang­zeit­schä­den zu schär­fen und die Dis­kus­si­on nicht zu ver­harm­lo­sen. Wis­sen­schaft, For­schung und Gesund­heits­po­li­tik sei­en, sei­ner Mei­nung nach, nach­hal­tig gefor­dert zu han­deln. Erst wenn die gesund­heits­schäd­li­che Wir­kung von Ecsta­sy bekannt ist, wird die Dro­ge ihren Reiz ver­lie­ren. Nur wenn den Usern pas­sen­de Hilfs­an­ge­bo­te gemacht wer­den, kann man die Sucht nach Ecsta­sy lindern.

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