Für betroffene Eltern bricht meist eine Welt zusammen: das eigene Baby, das sich bisher ganz normal entwickelt hat, verlernt plötzlich nach dem ersten Lebensjahr, binnen weniger Wochen alle bis dahin erworbenen Fähigkeiten und fällt quasi auf den Stand eines Säuglings zurück.
Nur Mädchen – schätzungsweise 300 bis 400 in der BRD sind von dieser mysteriösen Krankheit namens Rett-Syndrom betroffen, wobei pro Jahr rund 40 Mädchen in Deutschland diese Diagnose neu erhalten, hinzukommt aber noch eine als sehr hoch eingeschätzte Dunkelziffer.
Aufgrund intensiv vorangetriebener internationaler Erforschung dieser 1966 erstmals von dem Wiener Kinder- und Jugendpsychiater Andreas Rett beschriebenen Krankheit gibt es heute einen genetisch bedingten Hinweis auf deren Ursache und schon ein geeignetes Testverfahren zu ihrem Nachweis.
Anm. d. Red.: Bitte lesen Sie in diesem Zusammenhang auch die Fachgebietsbeschreibung.
Das Rett-Syndrom tritt nur in erbgesunden Familien auf, bei denen Schwangerschaft und Geburt ohne Komplikationen verliefen. Da es ausschließlich Mädchen betrifft, muss ein genetischer Fehler vorliegen, der bisher noch nicht entschlüsselt ist.
Es gibt allerdings eine Reihe von gemeinsamen „Ähnlichkeiten” der betroffenen Mädchen, die als diagnostische Kriterien angesehen werden können:
- Kleinwuchs (insbesondere Kopf, Hände und Füße)
- Zähneknirschen
- Krampfanfälle
- beschleunigtes Atmen
- Luftschlucken
- Gehunfähigkeit oder breitbasiger, schwankender Gang
- schaukelnde Bewegungen im Sitzen
Speziell auffällig sind die waschenden oder knetenden Handbewegungen. Die betroffenen Mädchen bleiben ihr Leben lang körperlich und geistig schwerstbehindert.
Besonders problematisch dabei ist die fehlende Kommunikationsmöglichkeit, da die Mädchen nicht sprechen und auch ihre Hände nicht zielgerichtet einsetzen können. Lediglich über ihre Augen können manche der Mädchen versuchen, Kontakt mit ihrer Umwelt aufzunehmen.
Nicht nur in der Öffentlichkeit, auch in den Medizinerkreisen ist dieses Krankheitsbild nicht so bekannt wie beispielsweise der Autismus. Viele betroffenen Familien klagen darüber, die Diagnose „Rett-Syndrom” erst sehr spät oder nur durch Zufall bekommen zu haben …